Bioland-Hof Thalhammer

Bioland-Hof Thalhammer
Petra und Johann Thalhammer
Tölzer Straße 8
82544 Egling

08176 553

Sehen wo's herkommt

Mutterkuhhaltung für Lebensqualität bei Mensch und Tier

Wer Motive für ein Bilderbuch über Oberbayern sucht, dem ist die Gemeinde Egling östlich von Wolfratshausen zu empfehlen: Gemütliche Gasthöfe und Biergärten rund um den markanten Kirchturm in der Ortsmitte, drum herum stattliche Bauernhäuser, oft mit Lüftlmalerei an den Fassaden und üppiger Blumenpracht vor den Balkonen. Draußen vorm Dorf landwirtschaftlich genutzte Weiden und Wiesen zwischen Wäldern, Weihern, Seen, Mooren und Streuwiesen entlang er Isar. Dazu der weißblaue Himmel und das imposante Alpenpanorama.

Auch der gepflegte Bioland-Bauernhof von Petra und Johann Thalhammer, den sie 2008 zunächst auf ökologische Milchwirtschaft und ab April 2013 auf Mutterkuhhaltung umgestellt haben, ist ein schönes Fotomotiv. Johanns Urgroßvater ließ den mächtigen "Italienerhof" 1910 errichten. Die Bezeichnung rührt von Handwerkern her, die Anfang des 20. Jahrhunderts in großer Zahl aus den armen Regionen Süditaliens über die Alpen kamen auf der Suche nach Arbeit.

Eine moderne Landwirtschaft, die das Althergebrachte schätzt

Entlang der Bayerischen Alpen sind viele solcher Italienerhöfe zu finden und rasch zu erkennen. Denn die Handwerker brachten neben ihrer Arbeitskraft auch einen eigenen Architekturstil mit, der bis in Fassadendetails oder die Innenausstattung reicht. Der Hausflur im Thalhammer-Hof ist beispielsweise mit hübschen, fast antik anmutenden farbigen Fußbodenkacheln gefliest. "Auch wenn wir viel modernisiert haben – die Fliesen rauszureißen, das hätten wir nie übers Herz gebracht", beteuern die Eheleute.

Ebenfalls im Hausflur hängt ein großes Schwarz-Weiß-Foto, auf dem die knapp zwei Dutzend Arbeiter vor dem Rohbau im hölzernen Gerüst posieren. Eine Antiquität! Wie auch das Schild an der Haustür: "Strobl" steht drauf, der Hausname der Hofstelle. Die Holztafel stammt von einer Kirchenbank der Eglinger Pfarrkirche, wo einst jede Familie aus dem Ort ihren eigenen Platz hatte. Über das Schild amüsieren sich die Thalhammers regelmäßig: "Der Strobl hat schon viele Besucher irritiert, wenn sie das erste Mal zu uns kamen – vielleicht sollten wir wirklich mal unseren Namen draußen hinschreiben…!", lachen die beiden.

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Der 100 Jahre alte Stall zwang zum Handeln

Sein Erscheinungsbild hat das Anwesen durch die Zeit kaum gewandelt – abgesehen davon, dass Farbe, Putz, neue Holzfensterstöcke und frisch gestrichene Läden davon künden, dass die Besitzer hier immer fleißig hinter ihrem "Sach'" her sind. Ebenfalls "Gründerzeit-Atmosphäre" verströmt der Stall, in dem über 100 Jahre Milchwirtschaft betrieben wurde. Die aus Ziegelsteinen zwischen Stahlträger gemauerten Gewölbedecken ruhen auf gusseisernen Ziersäulen. Auf einen Blick wird deutlich: Hier war nicht mehr zeitgemäß zu wirtschaften.

Weil außerdem die Melktechnik veraltet war, machten sich die Thalhammers Mitte der 2000er-Jahre Gedanken über die Zukunft ihres Betriebes. Klar war, dass sie investieren müssen, wenn sie nicht ganz aufgeben wollten. Nur wieviel? Ein zugezogener Berater ermittelte einen Finanzbedarf im niedrigen sechsstelligen Bereich. "Das war uns zu viel, auch weil mehr als fraglich ist, ob unsere Kinder einmal weitermachen", erinnert sich Johann Thalhammer.

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Gesunde Tiere dank Weidegang, Gottvertrauen und Homöopathie

Mit der Umstellung auf Bio griff er schließlich zur Selbsthilfe. In Eigenleistung gelang es, für gerade einmal 15.000 Euro einen hölzernen Freilaufstall zu errichten, in dem sich die Rinder und Kälber frei bewegen können. 2013 wurde er für die Mutterkuhhaltung um einen überdachten Laufhof erweitert. "Der Tierarzt hat zwar über diesen Außenklimastall geschimpft. Aber unsere Kühe werden nicht krank", lacht Petra Thalhammer. Ihre Worte entspringen ebenso Gottvertrauen wie der jahrelangen Erfahrung, die sie inzwischen in der homöopathischen Behandlung ihrer Tiere gesammelt hat und bei der sie auch Schüssler-Salze anwendet: "Zu 80 Prozent habe ich damit Erfolg."

Für die gute Gesundheit der Tiere machen die beiden Eglinger außerdem geltend, dass ihre Herde schon immer auf die Weide durfte. Zu Milchwirtschaftszeiten war das allerdings ein zentrales Problem: Direkt am Thalhammer-Hof führt eine Hauptstraße vorbei, auf der die Milchkühe vier Mal am Tag eine Strecke von 300 Metern zu laufen hatten, bis sie auf den Weiden oder von dort wieder zurück waren. Das bedeutete absperren, aufpassen, sich gar von Autofahrern beschimpfen lassen müssen. Ein immenser und nervenzehrender Arbeitsaufwand, der schließlich zur Mutterkuhhaltung führte.

Kälbchen und Mutterkühe sind das ganze Jahr beieinander

Heute steht die Herde, 15 Muttertiere und durchschnittlich 30 Kälber, vom Frühjahr bis spät in den Herbst auf einer fünf Hektar großen Kurzrasenweide, Tag und Nacht. Die dort stets frisch nachwachsenden und besonders nährstoffreichen Gräser und Kräuter kommen auch den Kälbchen zu Gute mit der Milch, die sie von ihren Müttern säugen, die sie stets begleiten. „Die Kurzrasenweide ist ein Paradies für unsere Tiere: Das ganze Land an einem Stück, ein Berg ist dabei, ein Waldstück steht drauf – auch eine Kuh braucht Abwechslung, es gibt nichts Schlimmeres, als wenn das Vieh immer nur im Viereck rumläuft“, sind die Thalhammers überzeugt.

Auch im Winter können die Tiere oft auf eine Wiese. Direkt am Hof liegt ein gut drei Hektar großes Grundstück, auf das Kühe und Kälber durch ein Gatter am Laufhof gelangen. Mitten in Egling, drum herum stehen Wohnhäuser. „Wir sehen unsere Nachbarn oft am Balkon, wie sie unsere Tiere beobachten, und auch wir stehen oft am Zaun. Es ist schön, unsere Kühe als Geschöpfe betrachten zu können, nicht als Gebärmaschinen, die mit dem Kalben unseren Lebensunterhalt verdienen“, sinniert Johann Thalhammer. Seit 2011 setzt er auch wieder auf eine rundum natürliche Fortpflanzung und lässt einen Stier mit der Herde mitlaufen.

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Garantiert ökologisch erzeugte Produkte

Wie jeder ökologisch wirtschaftende Betrieb wird auch unser Bioland-Hof mindestens einmal jährlich auf die Einhaltung der EG-Öko-Verordnung und zusätzlich der Bioland-Verbandsrichtlinien überprüft. Diese Kontrollen führt eine unabhängige, staatlich zugelassene Kontrollstelle durch, bei der unser Betrieb unter der Kontrollnummer DE-BY-006 44743-AD geführt wird.

Die Nachzucht wird wieder natürlich gezeugt

Wenn sie nicht auf der Weide sind, werden die Rinder der Eglinger mit Silage gefüttert, also mittels Milchsäuregärung konserviertem Grünfutter, sowie mit Heu und Grummet. Alles Futter ernten die Thalhammers nach Möglichkeit auf den eigenen Flächen, die mit Mist oder Gülle aus dem eigenen Stall gedüngt werden. Der geschlossene Kreislauf am eigenen Hof ist ihnen wichtig. Einzig die Mutterkühe, die frisch gekalbt haben, bekommen Getreide aus ökologischer Erzeugung, das von einem Bio-Betrieb zugekauft wird: „Das gibt’s immer als Zuckerl. Wir wollen unsere Tiere auch ein bisschen verwöhnen.“

Zum Hof gehören auch fünf Hektar Streuwiesen. Das sind feuchte Wiesenflächen, die Niederschläge besonders gut speichern. Um die Artenvielfalt bei Pflanzen, Tieren und Insekten zu erhalten, wird hier nur einmal im Herbst gemäht. Diese Steuwiesenmahd lassen die Thalhammers auf einem Bio-Betrieb in der Nähe trocknen und zu Ballen pressen: eine praktische Einstreu für die Liegebereiche im Stall.

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Mehr Zeit für Motorrad, Eishockey und Reinigungsmittel

Beim Umstieg auf Mutterkuhhaltung waren sich die Eheleute einig: "Wir wollten mehr Lebensqualität." Das Austreiben über die Straße hat sich erledigt, ebenso die Melkzeiten morgens und abends im Stall. Und das Wort „Urlaub“ ist nicht mehr tabu. Den braucht das vielbeschäftigte Ehepaar tatsächlich ab und zu! Denn Petra Thalhammer, eine gelernte Bürokauffrau, vertreibt im Nebenerwerb noch umweltfreundliche Reinigungsmittel. Wie ihr Mann fährt sie gerne Motorrad – im bayerischen Oberland auch gerne einmal in den Abend hinein, wenn eigentlich Stallzeit wäre – und außerdem spielt sie aktiv Eishockey in der Damenmannschaft der TuS Geretsried.

Johann Thalhammer hatte ursprünglich mit der Landwirtschaft "nicht viel am Hut": Er ist gelernter Schmied und Landmaschinenmechaniker, arbeitete nach der Ausbildung dann 14 Jahre am Bau und wechselte, als er Petra kennenlernte, für fünf Jahre in den Elektriker-Betrieb seines zukünftigen Schwiegervaters. Als die Eltern gesundheitlich kürzer treten mussten und schließlich in den Ruhestand gingen, übernahmen Petra und Johann den Hof – 1995 zunächst in Pacht, 1998 dann endgültig: "Wir haben immer viel nach Gefühl gemacht und sind bis heute meistens gut damit gefahren", erzählt der Hoferbe. Auch wenn sich in der Zwischenzeit viel verändert hat.

Bio-Rindfleisch mit Herkunftsnachweis

Die Thalhammers betreiben ökologische Mutterkuhhaltung im Rahmen des VonHier-Programms der Feneberg Lebensmittel GmbH. Das Unternehmen aus Kempten im Allgäu kauft die Jungrinder aus Egling und vermarktet ihr Fleisch in den Feneberg-Filialen unter der regionalen Bio-Marke VonHier.